Historie
Die Martinskirche
von Roger Jean Rebmann alias Grabmacherjoggi
Unter den Gotteshäusern im alten Basel war St. Martin eine besondere Perle. Erstmals erwähnt um 1101/03, reichen die Wurzeln der Kirche vermutlich viel weiter zurück; denn sie erhebt sich an einer Stelle, wo Leute schon in der Bronzezeit siedelten.
Bereits um 900 vor Christus gab es auf dem Sporn, wo einmal die Kirche stehen sollte, eine Siedlung von ca. 15 Häusern. Gesichert war der Hügel durch einen Wehrgraben, dessen Verlauf heute von der Archäologischen Bodenforschung an der Martinsgasse markiert ist.
Der historische Faden der Besiedlung an diesem Ort verläuft über die Römer bis hin zur Zeit der fränkischen Könige des 6. Jahrhunderts, die den Heiligen Martin als Reichsheiligen verehrten. Ein Reich, zu dem in jenen Tagen auch die kleine Flussstadt Basel zählte.
Schlichte Häuser sind für den Martinskirchplatz zu fränkischer Zeit belegt und dass dort bestattet wurde. Ob es aber bereits eine Kirche oder Kapelle gab, die St. Martin geweiht war, ist indes noch ein Geheimnis im Nebel des Frühmittelalters.
Die erste urkundliche Erwähnung St. Martins Anfang des 12. Jahrhunderts birgt ein interessantes Detail: Das Gotteshaus hatte eine enge Bindung mit der Kirche St. Agathe im nahen elsässischen Hüningen. Der Hauptaltar von St. Martin war unter anderem dieser Heiligen geweiht.
Neben Agathe hatte der Heilige Martin aber in Basel noch jemand anderen an seiner Seite. Davon zeugt bis heute eine weitherum selten grosse Wandmalerei in der Martinskirche, die dem Stammheiligen Martin zusätzlich St. Laurentius beistellt.
Laurentius und Martin waren lange gemeinsam Patrone des Gotteshauses. Mit der Zeit verblasste Laurentius. Doch wer aufmerksam hinsieht, entdeckt den spätrömischen Märtyrer (der auch bei Hexenschuss helfen soll) noch immer in der Martinskirche.
Die Martinskirche, mehrfach umgestaltet und ein Angelpunkt der Basler Reformation, trägt bis heute die Spuren ihrer langen Geschichte in sich. Allein der prächtige Chor des 14. Jahrhunderts wüsste mit seinen Details endlos Geschichten zu erzählen. So sind zum Beispiel die akribisch gesetzten Hiebe an den Fresken Spuren, die auf die Kämpfe der Reformationszeit verweisen.
Im Mittelalter hatte die Kirche über ein halbes Dutzend Altäre. Bruderschaften von Basler Zünften pflegten zu St. Martin ihr Seelenheil. Die zahlreichen Wappen und Glasmalereien im Kirchenschiff legen noch heute Zeugnis davon ab. Doch spätere Zeiten waren nicht freundlich zum Gotteshaus.
Im ausgehenden 18. Jahrhundert kamen oft nur zwei Dutzend Kirchgänger zu den Gottesdiensten und in napoleonischer Zeit wurde das Gotteshaus als Depot missbraucht. Die Renovierung 1850/51 war folglich bitter nötig. Sie brachte auch ein heute wichtiges Element: die Stufentribüne vor dem Chor, die damals für den Basler Gesangsverein entstand und die Rolle als herausragende Konzertkirche festigte. Eine Rolle, die St. Martin weiter trägt; nicht mehr im Schoss der reformierten Kirche, sondern seit dem Sommer 2022 in der Obhut einer Stiftung.